Am Sonntag, dem 17. September, fand der 10. Hessische Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation im Schloss Biebrich in Wiesbaden statt. Ilze Garda, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Deutschen in Lettland, nahm an der Eröffnung des Gedenktages mit einer Festrede teil.
Der Zweite Weltkrieg scheint schon lange her zu sein. Wenn man jedoch an den Hessischen Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation denkt, fällt einem zunächst auf, dass dies ein relativ neuer Gedenktag ist, der erst 2013 eingeführt wurde. Zu der Zeit, als sich Europa langsam von der Wirtschaftskrise 2008 erholte, und als der Krieg schon längst vorbei gewesen war. Und das passiert nirgendwo anders, sondern in Deutschland, in dem Land, an das fast jeder denken würde, dass dort immer noch viel über den 2. Weltkrieg, die Opfer und Täter nachgedacht wird; in dem Land, dem die mangelnde Reflexion über die Geschehnisse und Erlebnisse im 2. Weltkrieg sicherlich nicht vorgeworfen werden kann. Und genau dort wurde jedoch vor 10 Jahren eine neue Gedenktag-Tradition ins Leben gerufen, die zeigt, dass es nie zu spät ist, an die Verstorbenen zu denken, sich daran zu erinnern und sie zu ehren.
„Knapp ein Drittel aller in Hessen lebenden Menschen hat Flucht oder Vertreibung am eigenen Leib erlebt, ist durch das Schicksal der nächsten Angehörigen betroffen oder lebt als Spätaussiedler hier. Daher bin ich stolz darauf, dass wir in Hessen seit zehn Jahren einen eigenen Gedenktag haben, der die Schicksale derjenigen Vertriebenen in den Mittelpunkt stellt, die bei uns in Hessen eine neue Heimat gefunden haben.“ Mit diesen Worten wurde der Gedenktag vom hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein eröffnet. Die Gedenkveranstaltung wurde gemeinsam mit dem Landesverband Hessen des Bundes der Vertriebenen organisiert. An diesem Tag nahmen sowohl Mitarbeiter öffentlicher Organisationen als auch verschiedenste regionale und überregionale Politiker teil.
Und wir können uns sehr geehrt fühlen, dass die Vorstandsvorsitzende des VDL Ilze Garda eingeladen wurde, die Festrede bei dieser Gedenkveranstaltung zu halten. „Die Heimat verlassen zu müssen ist ein uraltes Trauma der Menschheit. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe und ebenso unterschiedliche Bezeichnungen für diese Menschen wie „Heimatvertriebene“, „Flüchtlinge“ oder „Migranten“. Doch unabhängig davon hat die Sehnsucht nach der Heimat wohl niemand von ihnen losgelassen.” Mit diesen Worten begann Ilze Garda ihre Festrede. In ihrer Ansprache berichtete sie über das schwere Schicksal der Deutschbalten, die infolge des verbrecherischen „Molotow-Ribbentrop-Pakts“ aus Lettland in abgelegene deutsche Gebiete repatriiert wurden, die sie nach Kriegsende häufig als Flüchtlinge verlassen mussten. Ilze Garda sprach auch über die Deutschen, die in Lettland verblieben sind und während der Besetzung der UdSSR ihre deutsche Identität – Kultur und Sprache – aufgeben mussten. Flucht, Vertreibung und Exil sind den Einwohnern Lettlands leider wohlbekannt, weshalb die Unterstützung der baltischen Länder für die Ukraine und ihre Bevölkerung so groß ist.
Schon wieder ist Krieg für Europa Realität geworden, schon wieder ziehen Flüchtlingsströme durch Europa. Die Geschichte des Krieges wiederholt sich. Und der Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation ist in den letzten Jahren leider aktueller denn je. Der Verband der Deutschen in Lettland bedankt sich bei dem Landesverband Hessen des Bundes der Vertriebenen für die Einladung zur Festrede, die es ermöglichte, die Geschichte unserer Region zu erklären.